Wissenschaft und Praxis
Kurzer Ausflug in Wissenschaft und Historie
Die Entwicklung der europäischen Landwirtschaft ist geprägt von Rationalisierung der Arbeitsvorgänge und Intensivierung der Produktion. Für die Milchviehbetriebe bedeutet dies, bei sinkenden Milchpreisen effektiver Milch zu produzieren. Immer größere Herden mit höherer Milchleistung sind die Folge.
Die gesteigerte Milchleistung stellt an den Organismus der Milchkuh hohe Ansprüche. So sind vor allem Hochleistungskühe in den ersten Wochen nach der Kalbung nicht in der Lage, die zur Milchleistung benötigten Energiemengen mit dem Futter aufzunehmen, was sich negativ auf die Energiebilanz und damit auf Leistung, Gesundheit und Fruchtbarkeit auswirkt.
Somit wird die richtige Beurteilung der Stoffwechselsituation der Tiere zu einem wichtigen Faktor, denn die Stabilisierung des Energiestoffwechsels über die Fütterung trägt wesentlich zur Verhinderung von Gesundheitsstörungen bei.
Dem Körperfettgewebe kommt als energetischem Puffer besonders in der Frühlaktation eine wichtige, die Fruchtbarkeit und Gesundheit stabilisierende Funktion zu.
Eine intensive Einzeltierbetreuung zur Sicherstellung ausreichender Futter- und Energieaufnahmen der Tiere aber ist bei den heutigen Herdengrößen und der immer dünner werdenden Personaldecke in den Anlagen nur schwer möglich.
Man braucht also Untersuchungsgrößen, die sich mit Hilfe einfacher und aussagekräftiger, möglichst wenig Personal benötigender Verfahren überwachen und umsetzen lassen.
Als Verfahren zur Beurteilung des Energiestoffwechsels über die Ermittlung des Körperfettgehaltes unter praktischen Bedingungen sind die mehr subjektiv geprägte Körperkonditionsbeurteilung (BCS) und die Messung der Rückenfettdicke (RFD) zur Erlangung objektiver Messwerte bekannt.
Idealerweise unter Einbeziehung des Körpergewichts ergeben sich Messwertreihen, deren Auswertung mit speziell hierfür entwickelten Management-Programmen wie DSP Herde die Einbeziehung der Ergebnisse aus der Milchleistungsprüfung ermöglichen und somit zur zielgerichteten Optimierung der Fütterung bei den betroffenen, frei wählbaren Tiergruppen genutzt werden können.
Richtig angewendet und konsequent über die Jahre durchgeführt, besteht die reale Chance, den gegenwärtigen Trend zu herabgesetzter Fruchtbarkeit zu stoppen und umzukehren.
Lesen Sie bitte hierzu auch den Artikel von Fr. Dr. Steinhöfel aus der DLZprimusRind 6-2017
Zusammenfassung der Ergebnisse und Erkenntnisse der Fa. Ahrhoff GmbH:
>> Optimale Körperkondition in allen Bereichen der Aufzucht und Milchproduktion bedeutet optimale Lebensleistung <<
Deshalb:
- Jungtiere so früh wie möglich in Messroutine einbeziehen
- Trockensteher konsequent einbeziehen
- Frischmelker täglich messen und wiegen
Istzustand:
Konditionswerte über visuelles BCS (Body Condition Scoring) wird nur bei melkenden Kühen in unregelmäßigen Abständen durchgeführt. Häufig erfolgen BCS-Kontrollen auch nur bei größeren Fruchtbarkeitsproblemen in der Herde – Trockensteher, Kälber und Jungrinder werden in der Regel nicht erfasst. Somit gehen für die Lebensleistung wesentliche Einflussgrößen ungenutzt verloren bzw. finden keine Berücksichtigung.
Ziele zur Verbesserung der Lebensleistung:
-
Remontierungsrate von derzeit ca. 40% halbieren
-
Sterberate der Kälber verringern
-
Weniger Kühe bei gleicher Gesamtleistung
wobei optimale Körperkondition dazu führt, dass:
- ein guter Kalbeverlauf mit weniger toten Kälbern erreicht wird
- vitale Aufzuchtkälber geboren werden, die eine Verdopplung des Geburtsgewichtes bis zum 60. Lebenstag erreichen (Metabolische Programmierung)
- weniger Stoffwechselprobleme besonders im geburtsnahen Zeitraum auftreten
- Energiedefizite zu Beginn der Laktation und damit zusammenhängende Probleme wie Klauenerkrankungen, Fruchtbarkeitsstörungen und Mastitis deutlich verringert werden
Schwerpunkte und Ziele:
- geringe Schwankungen der Körperkondition auch bei Hochleistungstieren als Voraussetzung für Zwischenkalbezeiten < 400 Tagen
- 80-85 % aller Kühe tragend am 150. Laktationstag
- hohe Lebensleistung, d. h. > 35.000 kg Milchdurch optimale Fruchtbarkeit
durch Untersuchungen von
• Körperkondition
• Höhe der Futteraufnahme
• Milchkontrollergebnisse mit Analyse von
- Milchmenge und -inhaltsstoffe
- Ketosen (Fett : Eiweißverhältnis > 1,35 : 1)
- Acidosen (Fett : Eiweißverhältnis < 1,05 : 1)
- Leberfunktion (Harnstoff; Milchzucker)
- Fruchtbarkeit (Zwischenkalbezeiten)
• Futtereffizienz > 1:1,5
Ausblick und Chancen
- Die Nutzung von Rückenfettmesswerten insbesondere in der Zeit 40 Tage vor bis 60 Tage nach dem Kalbetermin verbessert die Bedingungen für ein optimiertes Fruchtbarkeitsmanagement
- Nur eine elektronische Verbindung von Rückenfettmesswerten mit modernen, computergestützten Managementprogrammen liefert die notwendigen Daten schnell und kostengünstig
- Jeder Tag verringerter Zwischenkalbezeit bringt dem Landwirt € 2,00 bis € 2,50 / Tag als Mehrertrag
>> Optimiertes Fruchtbarkeitsmanagement ist der Schlüssel zur Verbesserung der Langlebigkeit von Milchkühen <<